Nach seiner monumentalen Studie über die Zeit von 1914 bis 1918 hat Manfried Rauchensteiner jetzt einen großen Überblick über die politische Geschichte Österreichs von 1918 bis heute vorgelegt. Der Titel „Unter Beobachtung“ bezieht sich auf das Verhältnis anderer Staaten zu Österreich, sei es das der Alliierten nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, sei es das Europas, als im Jahr 2000 mit „Sanktionen“ auf eine Koalitionsregierung unter Beteiligung der rechten „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ) reagiert wurde.
Rauchensteiner wendet sich gegen die verbreitete Auffassung, man habe der Republik von Anfang an keine Chance gegeben. In der Wirtschaft zum Beispiel habe im November 1918 „vorsichtiger Optimismus“ geherrscht. Doch schon bald wurde klar, dass Österreich eine Hungerkatastrophe drohte; Revolution lag in der Luft. Für den Aufbau einer Demokratie war die hohe Gewaltbereitschaft in den politisierten Teilen der Gesellschaft eine Hypothek. Die Bürgerkriegsszenarien Ende der 1920er Jahre mündeten schließlich in den „Ständestaat ohne Stände“. Rauchensteiner hat eine gut lesbare Erzählung verfasst, die auch einen Blick in die Zukunft Österreichs wirft.
Rezension: Dr. Heike Talkenberger